Wiederaufbau Hofstelle Biohof May

Adresse:
97618 Junkershausen
Architekt:
Holger Fenchel
Bei einem Großbrand im November 2015 wurde der alte Bauernhof der Familie May in Unterfranken nahezu vollständig zerstört.

Bis zu diesem Ereignis bewirtschaftete der Hof ca. 70 ha, hielt 50 Muttersauen sowie 120 Mastschweine und wurde jährlich von ca. 1.000 Kindern und Jugendlichen (Schulbauernhof) besucht.

Seit fast 30 Jahren (Umstellung 1989) ist der Hof ein Bio-Betrieb und gehört zum Netzwerk der Demonstrationsbetriebe Ökologischer Landbau.

Der Brand stellte für die Familie alles in Frage und ließ die Zukunft des Hofes offen.

Erst mit der Entscheidung des ältesten Sohnes Christian (36) und seiner Frau Rebekka (31), der Großstadt den Rücken zu kehren und zurück aufs Land zu ziehen, war die Hofnachfolge gesichert und ein Wiederaufbau denkbar.

Mit neuen Ideen für einen „Bauernhof der Zukunft“ begann für die gesamte Familie eine lange Planungs- und Grundlagenphase (2015-2017).

Es wurden viele Bauernhöfe in Deutschland und Österreich besucht und zahllose Gespräche geführt, um den Neuaufbau grundlegend und möglichst langfristig zu durchdenken.

Im Mittelpunkt stehen zukünftig 40 Muttersauen und ca. 350 Mastschweine – in artgerechten, funktionalen, landschaftsangepassten und bauästhetischen Vollholzställen mit Gründach.

Trotz der Ortsrandlage des Hofes entschied sich die Familie für eine Teilaussiedlung aller emissionsstarken Bereiche (Ferkelaufzucht, Mast, Getreideaufbereitung) 500m südlich des Ortes und damit für 2 Betriebsstätten.

Die Hofstelle selbst soll weiterhin ein lebendiger Bauernhof bleiben und mit den Zuchtsauen im Mittelpunkt, die einen hohen Betreuungsaufwand doch kaum Geruch verursachen, mit Leben gefüllt werden.

Grundlage für den Wiederaufbau waren mehrere, freiwillige Landtauschverfahren, um entsprechende Flächen in unmittelbarer Nähe zum Hof sowie für die Teilaussiedlung zu erhalten.

Die Baumaßnahmen an der Hofstelle begannen im Oktober 2017 und wurden im August 2018 abgeschlossen. An der Teilaussiedlung ist im April 2018 begonnen worden und eine Fertigstellung für Juli 2019 geplant.


Konzept
Das architektonische Konzept der Sauenställe basiert auf der Überzeugung der Familie May, dass sich die Schweinehaltung in Deutschland in den nächsten Jahren radikal verändern wird und es daher machbare Zukunftslösungen braucht.

Grundsätzlich galt für die Planung, dass die Haltungsform den Tieren angepasst werden muss und nicht umgekehrt. Der Stall sollte als angenehmer Arbeits- und Lebensraum für Mensch und Tier wahrgenommen werden.

Ziel war es, moderne Stallungen für die Muttersauen zu errichten, die sich an den Bedürfnissen der Tiere orientieren, sich in die Landschaft einfügen, arbeitswirtschaftlich gut zu managen sind, mit nachhaltigen Materialien gebaut werden und finanzierbar sind.

In Zusammenarbeit mit einem Architekten, einem Landschaftsplaner, einer Holzbau- und einer Stalleinrichtungsfirma wurden die Pläne nach den Vorstellungen und Erfahrungen der Familie May umgesetzt.

Hiernach wurden an der Hofstelle insgesamt drei Gebäude errichtet: ein Abferkelstall mit 16 Buchten, ein Wartesauenstall mit 6 Muttersauen-, 2 Nachzucht- sowie 2 Eberbuchten und ein Lagergebäude für Mist und Stroh.

Alle Gebäude wurden in Holzrahmenbauweise errichtet. Sämtliches verwendetes Holz (Fichte, Lärche) ist zertifiziert, naturbelassen und nicht imprägniert (Gefahr von Ausgasungen).

Da Schweine nicht schwitzen können und primär mit Hitzewellen zu kämpfen haben, orientieren sich die Ställe am Prinzip eines „Erdkellers“. Die rückseitige Betonwand sitzt jeweils 1,80m tief im Hang und sorgt somit gemeinsam mit dem Gründach und der Vollholzbauweise für ein behagliches Raumklima.

Gleichzeitig bleibt vom Wohnhaus der Blick in die Kulturlandschaft erhalten, da sich die Holzställe eine Niveauebene tiefer befinden und nur eine geringe Gebäudehöhe haben. Landschaft und Gründach fließen somit ineinander über.

Die Dachschalung besteht aus einem Brettschichtholz-Massivdeckenelement mit 8,6cm Stärke. Dies sorgt für die statische Aussteifung der Gebäude (Dachscheibe) und dient darüber hinaus als Unterkonstruktion für das Gründach.

Durch die Ausrichtung der Ställe nach Süden bzw. Südosten soll möglichst viel Licht und Sonne in die Auslaufflächen fallen. Die windexponierte Westrichtung ist jeweils durch eine Rollofront mit Windschutznetz geschützt.

Eine wesentliche Besonderheit der Konstruktion sind die zahlreichen Steckverbindungen zwischen tragenden Bauteilen, um den Anteil an sichtbarem Metall so gering wie möglich zu halten.

Die Verkleidung aller Außenwände erfolgte mit Boden-Leisten-Schalung aus naturbelassenem Lärchenholz, das über die Jahre langsam verwittern wird.

Für die Temperatursteuerung der Ferkelnester werden Infrarot-Strahlungsplatten eingesetzt, die größteils von der hofeigenen Photovoltaik-Anlage gespeist werden (Eigenverbrauch).
Außenansicht Abferkelstall (Quelle: Tom Bauer – ad photography, Würzburg)
Außenansicht Abferkelstall (Quelle: Tom Bauer – ad photography, Würzburg)